Seit Ende des Jahres habe ich viele Jahres-Rückblicke auf diversen Blogs, Zeitschriften und Zeitungen gelesen. Ich wollte eigentlich keinen machen. Ich habe mir aber vorgenommen, gleich zu Beginn des Jahres das Buch „Häuser des Jahres“, das im September 2016 im Callwey Verlag München erschienen ist, zu rezensieren. Das könnte ja meine Jahres Review sein – bietet sich bei einem Blog über Architektur und Interior Design förmlich an, oder?
Der Callwey Award „Häuser des Jahres“ nominiert in jedem Jahr die außergewöhnlichsten Einfamilienhäuser im deutschsprachigen Raum. Nun, um es gleich vorweg zu nehmen: Die 48 Architekturbüros, deren Entwürfe und natürlich auch die dazugehörigen fertigen Endprodukte sind allesamt perfekt ausgewählt von der Jury. Die Gebäude sind verschieden und doch so ähnlich. Sie bilden einen breiten Querschnitt durch die Architekturgeschichte des Jahres 2016 und haben alle mindestens eine Gemeinsamkeit.
Gibt es einen Trend?
Gleich im Vorwort schreibt Wolfgang Bachmann: „Regelmäßig, wenn die aktuelle Ausgabe „Häuser des Jahres“ erschienen ist, fragen uns die Zeitungsredakteure […] welche Trends sich ausmachen ließen. Aber darauf gibt es nie eine befriedigende Antwort, denn Architektur hüpft nicht in Siebenmeilenstiefeln voran […] deshalb gibt es auch 2016 keine Auffälligkeiten mitzuteilen.“
Ich stimme Herrn Bachmann nur zum Teil zu, denn ich finde, dass es auf jeden Fall einen Trend zu verzeichnen gibt, wenn auch nicht ausschließlich für das Jahr 2016. Die Architekten und Bauherren besinnen sich wieder auf die Basics: Die Materialien und Farben aller im Buch vorgestellten Gebäude passen perfekt zusammen: Stein, Beton und Holz in den unterschiedlichsten Farbschattierungen von grau, braun und anthrazit. Die Gebäudeformen sind zwar teilweise sehr futuristisch, aber die Materialen sind bodenständige Materialien, mit denen man schon immer gebaut hat. Ich finde das ist schon ein Trend, den man beobachten kann.
Neue Materialien vs. Bodenständigkeit
Eine Zeit lang war, meiner Meinung nach, der Trend unterschiedliche neue Materialien auszuwählen und zu entwickeln. Es wurden etwa Metall- oder Kunststoffkomposite entwickelt, die teilweise die Eigenschaften aller beteiligten Materialien enthalten sollten. Mittlerweile fällt die Wahl immer öfter wieder auf pure Materialen wie Stein und Holz. Dieser „Trend“ ermöglicht es, das Augenmerk mehr auf die eigentliche Architektur und die Räume zu besinnen und nicht auf die Dekoration. Diesen Trend kann man auch im Innenbereich ausmachen, denn auch da geht der Trend zu rohen Stoffen wie Filz oder Leinen und zwar in Naturfarben, nichts knalliges: Schwarz, weiß, grau, beige, braun.
Sprengen der Fesseln
Nach einem Vorwort von Wolfgang Bachmann über Einfamilienhäuser folgt eine Einleitung ins Thema von Nils Holger Moormann. Der Designer und Möbelhersteller ist der Quoten-Outsider der Jury. Er nennt sich selbst so und erklärt somit das Ansinnen der Wettbewerbsverantwortlichen in jedem Jahr einen Nicht-Experten einzuladen. Moormann schreibt über die Architekten-Ausbildung, ein Projekt mit Peter Zumthor, bei dem „dem bayerischen Satteldach die Lederhosen“ ausgezogen wurden und über das Sprengen von Fesseln.
Designer Nils Holger Moormann schreibt: „[…]sprengt weiter Fesseln, wagt stetig Neues […] und freut euch bei aller Mühsal und ständiger Herausforderung, dass eure Aufgabe nicht nur für euch eine sehr wichtige ist!“ Diesen Umstand vergessen meiner Meinung nach viele der Spezies „Architekt“. So könnte man doch denken, dass die Architekten immer für sich selbst bauen, denn zu oft werden die Wünsche der Bauherren unter den Tisch gekehrt und aus den Augen verloren. Klar ist es wichtig einen eigenen Stil zu besitzen und auch auf seine Entwürfe zu projizieren, aber viel wichtiger ist es die Bedürfnisse der Menschen zu beachten, die (meist) für den Rest Ihres Lebens in dem geplanten Gebäude verbringen müssen möchten!
Die Häuser im Buch – der Aufbau der Projektexposés
Im Nachgang der Einladung werden die ausgewählten und prämierten Häuser gezeigt. Zuerst natürlich das Gewinner-Projekt von werk A Architektur. Danach werden zwei Projekte mit Auszeichung gezeigt und fünf Gebäude, die eine Anerkennung der Jury bekommen haben. Im Nachgang folgt dann der Rest der fünfzig Gebäude, die es in das Buch geschafft haben. Die Projekt-Exposés sind allesamt gleich aufgebaut: Auf der ersten Seite findet man eine Gesamtaufnahme des Gebäudes, nachfolgend ein Erläuterungstext nebst weiteren Fotos von außen und innen.
Auf der letzten Seite der Gebäudepräsentation ist eine kleine Legende untergebracht, mit Anzahl der Bewohner, Wohn- und Nutzflächen in Quadratmeter, Grundstücksgröße, sowie Jahr der Fertigstellung und einige andere für jedes einzelne Gebäude wichtige Angaben. Bei den prämierten Objekten findet man zusätzlich ein kleines Schmankerl: Diese Gebäude wurden noch einmal, in Form eines ausformulierten Jury-Urteils, genauer unter die Lupe genommen.
Meine Lieblingsprojekte
Ich habe mir das Buch und die 50 Projekte wirklich lange angesehen und es fiel mir sehr schwer mir ein Lieblings-Objekt herauszusuchen. Ich bin dann allerdings aber doch fündig geworden und habe mir zwei der Projekte rausgepickt. Das erste Projekt (die drei Fotos über diesem Abschnitt) ist eines mit Anerkennung. Ab Seite 48 wird das Projekt eines Architekturbüros aus der Schweiz gezeigt. Savioz fabrizzi architectes wollte mit ihrem Entwurf den Bautypus „Chalet“ neu interpretieren, was ihnen auch durchaus gelungen ist. Der Baukörper passt sich als riesiger Felsbrocken perfekt in die Landschaft des Val d’Hérens im Schweizer Kanton Wallis ein. Die hauptsächlich verwendeten Materialien sind Holz und Beton.
Das zweite Projekt, das ich aus der Masse herausheben möchte ist ein Gebäude (die Fotos unterhalb dieses Abschnittes) eines regionalen Büros aus der Eifel: Architekt Rainer Roth aus Meckel. Mit dem Haus Schilz und Vogler in Bitburg/Masholder hat der Architekt einen zeitgenössischen Entwurf umgesetzt und ihn in die bestehende Bebauung des Dorfes unauffällig eingebettet. Auch hier: Natürliche und tradierte Materialien wie Klinker, Beton und Marmor in monochromen Schattierungen. Durch diese Materialwahl ergänzt das Gebäude mit dem klar gegliederten Grundriss den Obstgarten in dem es steht, wie selbstverständlich!
Mein Fazit
„Häuser des Jahres – Die 50 besten Einfamilienhäuser 2016“ ist ein absolut lesenswertes Buch mit tollen Fotos und vielen Hintergrundinformationen zu den einzelnen Projekten. Das Werk ist geeignet für Architekten, Designer, zukünftige Bauherren – eigentlich für alle Menschen, die sich für Architektur, Materialien und Fotografie interessieren! Prädikat: Sehr empfehlenswert!
Anmerkung: Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar kostenlos vom Callwey Verlag zur Verfügung gestellt, vielen Dank dafür!
liebe Kathrin,
was für ein spannender Beitrag. Deine Insights in das Design von Häusern gefallen mit total gut! Wie schön, dass du dich doch noch zu einem Review entscheiden hast … Danke dafür!
herzlichst Katrin / soulsister meets friends
Liebe Katrin, vielen Dank für Deine lieben Worte! Ich freue mich, wenn wir uns nächste Woche sehen! Liebst Kathrin <3