Klare Formen im Design, Funktionalität, kein Schnick-Schnack, kubische Architektur, Stahlrohrmöbel. Mit meiner Liebe zur Architektur kam auch das Interesse für die Bauhaus-Bewegung. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Bauhaus als kleine deutsche Kunstschule gegründet und über die Jahre wurde es zu einem Phänomen. Jede Generation hat es sich neu angeeignet, in jeder Generation polarisiert es. Entweder man liebt das Design der Meister-Gestalter oder man kann damit gar nichts anfangen.
Alles ist Design
Vom 1. April bis zum 14. August 2016 wurde in der Bundeskunsthalle | Bonn die Ausstellung DAS BAUHAUS – ALLES IST DESIGN gezeigt. Von unserem Feriendomizil aus sind wir in einer halben Stunde etwa in Bonn, natürlich haben wir uns diese Ausstellung nicht entgehen lassen. Hier ein einleitender Text aus der Ausstellung:
„Das Designverständnis am Bauhaus wies dem neuen Künstler-Handwerker – heute würde man sagen: dem Designer – einen umfassenden Gestaltungsauftrag zu. Er sollte nicht nur Dinge des täglichen Gebrauchs entwerfen, sondern aktiv an der gesellschaftlichen Umgestaltung teilnehmen. Design war im Verständnis des Bauhauses also nicht nur Produktgestaltung, sondern auch eine Form des Denkens und eine Haltung der Gesellschaft gegenüber. Es diente – im Gegensatz zum Styling, das sich mit der oberflächlichen Verschönerung von Dingen beschäftigt – der Verbesserung des Alltags durch innovative Lösungen für Gegenstände, aber auch für Systeme und Strukturen. Die Aufgabe des Designers bestand damals wie heute darin, aus der Analyse der Gegenwart und unter profunder Kenntnis der Vergangenheit solche innovativen Lösungen für die Zukunft zu entwickeln. Den Ausgangspunkt bildet dabei ein tiefes Verständnis für die ganz spezifischen Fragen der Zeit, für den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und kulturhistorischen Kontext. Die Auseinandersetzung mit Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Geschichte prägt die Arbeit des Designers also genauso wie die Beschäftigung mit Kunst, Handwerk und Technik.“
Die Bauhausbewegung ist ein Sinnbild für Rationalisierung und Modernisierung Die Designer arbeiteten mit den Grundformen Quadrat, Rechteck, Dreieck, Kreis und mit den Grundfarben Rot, Gelb und Blau, sowie natürlichen Materialien und Farben. In der Zeit zwischen 1919 und 1933 gab es drei Direktoren, Walter Gropius, gefolgt von Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe. Nach 1945 wurde das Bauhaus in der DDR, dort wo die zentralen Schauplätze – Weimar und Dessau – lagen komplett abgelehnt. In Deutschland und den USA hingegen galt das Bauhaus, einst entstanden aus der Zusammenlegung zweier Schulen – der großherzoglichen Kunstgewerbeschule und der Hochschule für bildende Kunst – als ein Kernstück der Moderne.
Das Bauhaus Movement
Meyer und Van der Rohe waren nicht nur Gropius´ Nachfolger, sie versuchten sich auch von ihm zu distanzieren und ihr eigenes Ding zu machen. Sie entwickelten eigene Ideen für das Bauhaus, ließen aber auch schon existierende Prinzipien und Reformen weiter bestehen. Die Möbel und Objekte, die während der Bauhauszeit entstanden sind, sind allesamt zeitlos und nach den verschiedenen Proportionsgesetzen der Architektur entworfen. Das sind möglicherweise auch die Gründe dafür, dass diese Bewegung schon so lange und über mehrere Generationen Bestand hat.
1919, zu Beginn der Bauhausbewegung und am Anfang der Gründung wurde von Gropius das sogenannte Bauhausmanifest erstellt. Dieses Schriftstück regelt die Ideen zur Struktur der Bauhausschule und legt die Prinzipien fest. Darin enthalten sind viele Gedanken zu einer anti-akademischen Reform für die Schule. Es sollten Architekten und freie Künstler ausgebildet werden, was damals schon zu kritischen Gegenstimmen führte: Man schimpfte, dass die Ausbildung zu künstlerisch und weltfremd sei und die Schüler zu wenig technisch geschult würden. Auch hier kann man wieder Parallelen zu heute ziehen. Nach meinem Architekturstudium und dem Innenarchitektur Master, habe ich Folgendes festgestellt: Bei den Architekten wird zwar Baukonstruktion gelehrt, aber im Nachgang bei den Entwürfen geht dieser Schwerpunkt verloren.
Der Schwerpunkt Konstruktion fehlt
Natürlich wird auch Wert darauf gelegt, dass der Entwurf technisch machbar ist und alles einer durchdachten Baukonstruktion entspricht – keine Frage!- aber am Ende kommt es eben doch sehr oft nur darauf an, wie der Entwurf präsentiert ist und ob tolle 3D-Anmationen vorhanden sind. Viele glauben, dass das reicht, – tut es aber nicht! Die Technik und die Machbarkeit spielen eine große Rolle und darauf wird bei den Innenarchitekten (zumindest hier in Trier) Wert gelegt. Von Beginn des Studiums lernen die Studentinnen und Studenten mit Maschinen umzugehen und in der hauseigenen Schreinerei und Schlosserei entsteht so manches funktionale Designstück. Hier wird nicht nur auf dem Papier entworfen, sondern oft auch 1:1 an Modellen. Dieser Maßstab gibt direkt einen ganz anderen Blick auf die Werkstücke und vermittelt ein ganz anderes Verständnis für Design.
Leider wird man in beiden Studienzweigen viel zu wenig auf das „wahre Leben“ nach der Hochschule vorbereitet. Baustelle und Bauleitung, Technik und Berufspraxis, das sind Dinge, die leider viel zu oft im Studium untergehen. Den Lehrenden fehlt oft auch die Gabe, den Studis Lust auf diesen ganzen „technischen Kram“ zu machen. Wie in der Schule ist es auch an der Hochschule: Die Unterrichtsqualität steht und fällt mit der lehrenden Person. Leider konnte mich damals nur eine Person so wirklich für Baukonstruktion begeistern und diese war nur kurz an unserer Hochschule als Vertretungsprofessorin: Michelle P. Howard. Erst jetzt, viele Jahre nach dem Studium und während meiner Selbstständigkeit, keimt diese Wissbegierde wieder auf und ich sauge jegliche Informationen darüber auf. Mein großes Vorbild Michelle P. Howard hat – passenderweise zu meinem heutigen Thema – ein Buch über die Architektur-Ausbildung herausgebracht, in diesem Buch finden sich viele tolle Ansätze für eine neue und praxisnahe Architekten-Ausbildung. Erschienen ist das Buch mit dem Titel „RESEARCH | OBSERVE | MAKE“ im Birkhäuser Verlag.
Bauhaus-Schule vs. heutige Architekturausbildung
Nun aber zurück zur Verbindung Bauhaus und der heutigen Ausbildung von Architekten: Sehr sinnvoll ist die Eignungsprüfung vor einem Architekturstudium. An den einzelnen Hochschulen wird sie entweder durch eine richtige Prüfung durchgeführt, bei der man unterschiedliche Aufgaben zu Architektur und Raum lösen muss – zeichnerisch wie auch schriftlich oder man muss eine Mappe abgeben mit Arbeiten zu vorgenannten Themen. So kann man vorab schon sehen, wer sich für das Studium eignet. Zu Zeiten des Bauhaus gab es eine solche Prüfung auch und zwar in Form des „Vorkurses“. Dieser Vorkurs war eine zweisemestrige Grundausbildung, nach der entschieden wurde, ob man für ein Studium in einer der Werkstätten zugelassen wurde. Die Werkstätten waren das Herz der Ausbildung am Bauhaus. Am Anfang gab es insgesamt elf Werkstätten, die dann ab 1925 zu folgenden sieben zusammengefasst wurden: Schlosserei, Tischlerei, Textil-Werkstatt, Wandmalerei, Druck/Reklame, plastische Werkstatt und Bühne. Später kam noch die Fotografie hinzu, die dann mit Druck/Reklame zur Werbe-Werkstatt zusammengelegt werden sollte, so weit kam es dann aber nicht, denn Mies van der Rohe unterbrach die Lehrlingsausbildung. Das Bauhaus wurde nach und nach zu einer reinen Architekturschule.
Wenn Ihr mehr über das Bauhaus erfahren wollt, schaut doch mal in dieses Buch: BAUHAUS – Magdalena Droste – TASCHEN Verlag | Das Buch ist in der kleinen Reihe – Architektur erschienen und mit 9.99 Euro für ein Architekturbuch äußerst erschwinglich!
Extra:
Das Bauhaus-Manifest
„Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau! Ihn zu schmücken war einst die vornehmste Aufgabe der bildenden Künste, sie waren unablösliche Bestandteile der großen Baukunst. Heute stehen sie in selbstgenügsamer Eigenheit, aus der sie erst wieder erlöst werden können durch bewußtes Mit- und Ineinanderwirken aller Werk- leute untereinander. Architekten, Maler und Bildhauer müssen die vielgliedrige Ges- talt des Baues in seiner Gesamtheit und in seinen Teilen wieder kennen und begreifen lernen, dann werden sich von selbst ihre Werke wieder mit architektonischem Geiste füllen, den sie in der Salonkunst verloren.
Die alten Kunstschulen vermochten diese Einheit nicht zu erzeugen, wie sollten sie auch, da Kunst nicht lehrbar ist. Sie müssen wieder in der Werkstatt aufgehen. Diese nur zeichnende und malende Welt der Musterzeichner und Kunstgewerbler muß endlich wieder eine bauende werden. Wenn der junge Mensch, der Liebe zur bildne- rischen Tätigkeit in sich verspürt, wieder wie einst seine Bahn damit beginnt, ein Handwerk zu erlernen, so bleibt der unproduktive „Künstler“ künftig nicht mehr zu unvollkommener Kunstübung verdammt, denn seine Fertigkeit bleibt nun dem Hand- werk erhalten, wo er Vortreffliches zu leisten vermag.
Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück! Denn es gibt keine „Kunst von Beruf“. Es gibt keinen Wesensunterschied zwischen dem Künstler und dem Handwerker. Der Künstler ist eine Steigerung des Handwerkers. Gnade des Himmels läßt in seltenen Lichtmomenten, die jenseits seines Wollens stehen, unbe- wußt Kunst aus dem Werk seiner Hand erblühen, die Grundlage des Werkmäßigen aber ist unerläßlich für jeden Künstler. Dort ist der Urquell des schöpferischen Ges- taltens.
Bilden wir also eine neue Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anma- ßung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte! Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird: Architektur und Plastik und Malerei, der aus Millionen Händen der Handwerker einst gen Himmel steigen wird als kristallenes Sinnbild eines neuen kommenden Glaubens.“